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Ausblick

Elektrokardiogramm

Zweck des Elektrokardiogramms (EKG)

Abb. 2 Typisches Elektrokardiogramm

Das EKG stellt in der Medizin ein wichtiges Instrument zur Untersuchung der Herzfunktion dar. Der niederländische Arzt W. Einthoven konnte im Jahre 1903 als Erster elektrische Impulse, die von einem Hundeherz ausgingen, nachweisen. Der erfahrene Arzt kann mit Hilfe des EKGs u.a. folgende Punkte beurteilen:

Herzfrequenz und Herzrhythmus

Lage des Herzens

Eventuelle Störungen im Erregungsleitsystem

Vorliegen eines Herzinfarktes

Erkrankungen der Herzkranzgefäße

Im Folgenden wird versucht, auf möglichst einfache - und damit auch unvollständige Weise - die Entstehung eines EKGs zu erklären.

Sinusknoten und Reizleitung

Abb. 4 Natürliche Anregung eines Herzens

Der sogenannte Sinusknoten, ein ca. 3 mm breites und 25 mm langes Gebilde im rechten Vorhof des Herzens ist der eigentliche, natürliche Schrittmacher des Herzens, der mit einer Frequenz von ca. 60 - 100 Impulsen pro Minute erregt wird. Die von ihm ausgehenden elektrischen Impulse pflanzen sich mittels dreier Faserbündel über die Vorhöfe zum sogenannten AV-Knoten fort.

Dieser AV-Knoten ist die "elektrische Sammelstelle" der Vorhoferregung. Würde dem AV-Knoten nicht der schnellere Takt des Sinusknotens aufgezwungen, so würde er selbst eine Erregungsfrequenz von ca. 40 Impulsen pro Minute besitzen, die für einen "Notbetrieb" des Herzens - bei einem Ausfall des Sinusknotens - noch ausreichen würde.

Über weitere "Leitungen" (His-Bündel; Tawara-Schenkel) gelangen die elektrischen Impulse zur Herzspitze, wo sie schließlich die Kontraktion des Herzmuskels auslösen.

Aktionspotential

Abb. 5 Spannung zwischen Zellinnerem und Zelläußerem in einer Herzmuskelzelle

Führt man eine Mikroelektrode in das Zellinnere einer Herzmuskelfaser und legt man eine zweite Elektrode an das Zelläußere, so kann man mit einem empfindlichen Spannungsmesser (mV-Bereich) eine Spannung feststellen.

Ruhepotenzial

Die Zellmembran stellt die Trennwand zwischen dem Inneren und dem Äußeren der Zelle dar. Im Ruhezustand der Zelle ist die Membran halbdurchlässig (semipermeabel).
Die Konzentration der Kaliumionen (K+) ist im Zellinneren ca. 50mal größer als im Zelläußeren. Durch Poren in der Zellmembran können die K+-Ionen leicht nach außen diffundieren, somit verliert das Zellinnere an positiver Ladung.
Umgekehrt befinden sich im Zelläußeren ca. 15mal mehr Natriumionen als im Zellinneren. Die Na+-Ionen können im Ruhzustand jedoch die Membran nicht passieren.
Durch den Verlust an positiven K+-Ionen wird das Zellinnere negativ, das Zelläußere positiv aufgeladen, es entsteht eine Potenzialdifferenz von ca. -70mV (Potenzialnullpunkt: Zelläußeres). Durch die Fähigkeit der Membran, verschiedene Ionenkonzentrationen aufrechtzuerhalten wird die Zelle zum Dipol, sie befindet sich im Zustand der Polarisation.

Aktionspotenzial (Erregung)

Wird das Ruhepotenzial der Herzmuskelzelle z.B. durch einen Spannungsimpuls gestört, so kann es zu einer Umpolung der Zelle (Depolarisation) kommen, da die Durchlässigkeit der Membran verändert wird.
Na+-Ionen können zunächst schnell ins Zellinnere dringen und gleichzeitig nimmt die Membranpermeabilität für die K+-Ionen ab. Die Na+-Ionen erhöhen die positive Ladung im Zellinneren soweit, dass es zu einer Umkehr des Vorzeichens der Potenzialdifferenz kommt.
In einer zweiten Phase strömen neben den Natriumionen auch noch Calziumionen (Ca++) in die Zelle. Dies geschieht nicht so schnell wie der anfängliche Transport der Natriumionen. Daher erfährt das Aktionspotential das für die Herzmuskelzelle typische Plateau. Das Eindringen der Calziumionen führt zur sogenannten elektromechanischen Kopplung, welche die Kontraktion des Herzmuskels bewirkt. In dieser Phase ist die Zelle durch weitere Impulse nicht mehr anregbar, sie ist refraktär und somit unempfindlich für irgendwelche Störungen.

Im Laufe dieses Prozesses nimmt nun wieder die Permeabilität für Na+-Ionen ab, die für K+-Ionen zu. So können wieder K+-Ionen aus der Zelle strömen bis der ursprüngliche Zustand wieder hergestellt ist (Repolarisation).

Ist eine Zelle depolarisiert, so pflanzt sich dieser Zustand auf die Nachbarzellen fort (vgl. Ausbreitung einer Wasserwelle). Diese Erregungsfortleitung von Zelle zu Zelle geschieht über die gesamte Körperoberfläche, so dass man die Potenziale auch an der Haut mit Hilfe von Elektroden abgreifen kann.

Im Gegensatz zur normalen Herzmuskelzelle ist die Zellmembran bei Sinusknotenzellen im Ruhezustand für K+-Ionen nicht so stark durchlässig, Na+-Ionen gelangen ein wenig durch die Membran. Dadurch ist das Ruhepotenzial nicht so stark negativ. Es besteht somit eine größere Empfindlichkeit für die Depolarisation. Außerdem gehen die Zellen des Sinusknotens wieder schneller in den Ruhezustand.

EKG-Kurve

Wie viele Elektroden zur Ableitung der Signale angelegt werden, hängt davon ab, ob nur eine grobe Überprüfung der Herzfunktion beabsichtigt ist (hier: drei Ableitungen nach Einthoven) oder ob eine differenzierte Diagnose gestellt werden soll (bis zu 12 Ableitungen). Die dabei sich ergebenden Signale sind in der absoluten Höhe etwas unterschiedlich, die Signalstruktur ist jedoch immer die gleiche und hat etwa das folgende Aussehen:

Im Bild ist rot angedeutet, welcher Teil des Herzens gerade erregt wird. Die Pfeile zeigen auf die dafür typische Signalform beim gesunden Herzen.

  • Die P-Welle ist die im positiven Spannungsbereich liegende halbrunde Welle, die bei der Erregung der Vorhöfe auftritt.
  • Die Q-Zacke ist eine kleine negative Zacke, die den Beginn der Kammererregung bezeichnet.
  • Die R-Zacke ist schmal und hoch. Sie tritt bei der Kammererregung auf.
  • Die S-Zacke ähnelt der Q-Zacke und gehört ebenfalls noch zur Kammererregung.
  • Die T-Welle ist relativ groß und breit. Sie entspricht der Erregungsrückbildung (Repolarisation).

Aus den zeitlichen Abständen einzelner Zacken und deren relativer Höhe und Steilheit kann der Arzt erkennen, ob das Herz gesund ist oder ob eine Krankheit vorliegt. Hier einige Beispiele: